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Stefan Kumli / Christine Sommer
Am Atlantik angekommen

die geringe bevölkerungsdichte namibias lässt sich anhand der kaum befahrenen strassen und den selten gestreuten dörfern deutlich erkennen. also wollen wir die wenigen kontakte, die wir in diesem land haben (also genau genommen deren zwei), pflegen. nach der abenteuerlichen tour mit oli in der kohareb-schlucht nehmen wir das sonntagsausfährtchen quer durchs land nach rundu gerne in kauf. dort treffen wir egon, ein freund von lea und heinz. egon lebt seit zweieinhalb jahren in rundu und ist als entwicklungsarbeiter in der lehrerbildung für interteam beschäftigt. in seinem garten unter guaven- und papayabäumen verbringen wir einen lustigen barbecueabend.

als wir fürs erinnerungsfoto auf unser autodach steigen, weist uns egon dezent darauf hin, dass einer unserer dieselkanister einen riss habe. später stellen wir erschreckt fest, dass sämtliche plastikkanister durch die starke sonneneinstrahlung total spröde, eingedrückt und nicht mehr brauchbar sind. ein besserer augenblick hätte uns nicht passieren können, um diese misere zu erkennen. denn rundu ist die letzte station, um dieselkanister zu besorgen. die vier 20-liter-kanister benötigen wir später dringend, um unsere touren durch die flussbette ohne grössere katastrophe durchzuführen. danke nochmals egon für deine gastfreundschaft.

Stefan, Egon, el Tucan, Chrigi
Stefan, Egon, el Tucan, Chrigi

oli hatte es nicht unterlassen, uns seine selbsterfahrenen insidertipps über namibia weiterzugeben; unter anderem das kaokoveld. lars, der ortsansässige autowerkstattbesitzer in kamanjab, rät uns jedoch seufzend davon ab, in diesen abgelegenen winkel des landes zu fahren. „wenn ihr da stecken bleibt und ich euch mit meinem unimog aus dem sand ziehen kommen muss, das kostet dann mächtig geld“ betont er zähneknirschend, die zigarette im mundwinkel eingeklemmt. auch in reiseführern wird darauf hingewiesen, diese abgeschiedene region nur in einer gruppe von mindestens zwei fahrzeugen zu bereisen. oli lächelt verschmitzt: „ach, euer tucan schafft das schon“.

wir eilen zu Hilfe
wir eilen zu Hilfe

bis jetzt fährt unser fahrbarer untersatz einwandfrei. nicht allen ergeht es so. im schritttempo tuckern wir auf fordernden steinpassagen über den otjiha-pass, als uns schon von weitem ein einheimischer zuwinkt. wir halten neben dem uralten blauen nissan-pickup. sein kompagnon kniet ratlos neben dem rechten vorderrad. sofort wird auch klar warum: der pneu, oder das was davon übrig blieb, ist total platt. „help, help“ flehen sie unisono. wir zeigen mit fragendem blick auf die zwei ersatzreifen auf dem dach. „yes, yes, but…“. diese seien auch schon platt, gestikulieren sie nervös. beim näheren hinsehen zeigen sich die bisherigen einfallsreichen flickversuche der zwei jungs. mit kondomen und supermarktplastiksäcken versuchten sie den fetten riss in der seite des pneus dicht zu kriegen. bis jetzt offensichtlich ohne erfolg. stefan nimmt sich diesem problem an, für etwas haben wir ja im atw-kurs gelernt, wie man mit den vulkanisierwürmern reifen repariert. die mitgeführte ziege, die mitsamt eines halben mopanebaums auf den zwei rücksitzen einquartiert ist, lässt sich von all dem nicht aus der ruhe bringen.

Stefan Kumli / Christine Sommer
Wo fängt der Regenbogen an?

tatsächlich schaffen wir es bis ganz oben ins marienflusstal. am ufer des kunene, lernen wir die zwei jungen schweizer besitzer des syncro camp’s kennen. sarah und ryan wanderten aus und bauen sich hier mit den eigenen händen ihr kleines paradies auf. wir staunen über ihren mut und die geduld, die sie an den tag legen. direkt an der grenze zu angola gibt es nicht viel, ausser grandiose gesteinslandschaft, ein paar himbasiedlungen, und den wunderschönen kunenefluss, in dem jedoch massenhaft krokodile mit offenen mäulern auf beute warten.

hier entdecken wir aber schweizerisches pionierdenken. die von ihnen gepflanzten fruchtbäume und bananenpalmen, sowie mehrere gartenanlagen, versorgen das camp mit frischen früchten und gemüse. der kunene liefert das nötige wasser und so ist ein wachstum überhaupt möglich. dieser luxus ist nicht zu unterschätzen, liegt doch der nächste supermarkt rund 300 km entfernt. wir mussten jedoch quer durch afrika fahren, um so etwas wie einen garten zu finden. wenn sarah und ryan dennoch von zeit zu zeit baumaterial oder vorräte besorgen müssen, bedeutet dies, dass sie mit ihrem pickup um 02:00 uhr nachts in absoluter dunkelheit über sandpisten richtung opuwo aufbrechen. dort machen sie ihre besorgungen und fahren am gleichen tag mit ein paar hundert kilo waren die fordernde 4×4-strecke über den steinigen otjiha-pass wieder zurück. wir sind mächtig beeindruckt. die geschenkten tomaten und peperonccini behandelten wir wie kleine rohdiamanten. herzlichen dank sarah und ryan.

namibia ist grundsätzlich ein wüstenstaat, weist aber viele flussläufe auf. diese führen in der trockenzeit nie und auch sonst nur sehr selten wasser. auf der landkarte ist die pad nur mit einer gepunkteten linie eingezeichnet, ist aber ohne ausnahme ein 4×4-erlebnis, das sich zu befahren lohnt.

so lernen wir nach und nach das marienflusstal, die sandpisten in den trockenflussläufen des khumib, des horuasib, des hoanib, des abahuab, des huab, des ugab, des mudorib und des omarururivers kennen. so verbringen einsame aber ausserordentlich eindrückliche reisewochen, weit weg von radio-/natelempfang, strom oder fliessend wasser. unsere augen können sich an den verschiedenen landschafts- und vegetationsarten gar nicht satt sehen. täglich grüssen farbenprächtige sonnenauf- und untergänge vom horizont. imposante tierspuren, die rund um unsere übernachtungsplätze führen, werden zur routine. schakale, hyänen, löwen und auch leoparden. doch die grossen wildkatzen bekommen wir leider nicht lebendig zu gesicht. umso mehr erfreuen wir uns an den unzähligen springböcken, straussen, oryxantilopen, klippdachsen, hartmann-bergzebras und selten auch giraffen und steinböckchen.

Stefan Kumli / Christine Sommer
Wüstenelefant am Wasser buddeln

„lueg jetz da“ jubelt chrigi. endlich entdecken wir einen einsamen wüstenelefanten, der im sand eifrig nach wasser gräbt. in den folgenden tagen erspähen wir weitere elf der seltenen dickhäuter.

obwohl wir uns eigentlich immer gegen eingefahrene rollenmuster zu wehren versuchen, entwickelt sich hier draussen im busch trotz allem wiederstand eine tendenz dazu. niemand weiss warum, aber die frage, wer von uns beiden am abend das lagerfeuer entfachen darf, artet mehrmals in eine diskussion aus. sie: „darf ich heute feuer machen?“ er: „warum?“ sie: „weil ich es gerne mache.“ er: „warum um alles in der welt machst du jetzt plötzlich gerne feuer?“ sie: „einfach so.“ er: „mache ich denn das feuer nicht gut genug?“ sie: „doch, schon.“ er: „eben, dann ist es doch am besten, wenn ich feuer mache.“ sie: „ja aber…“.

die freiheit, die das reisen abseits der touristenrouten bringt, fordert aber auch. die reserve von wasser, diesel und essen muss sorgfältig berechnet, eingeteilt und verbraucht werden. trotz oli’s warnfinger, trappen wir natürlich genau in die falle. schon bald einmal sind unsere vorräte an fleisch, gemüse und früchte aufgebraucht. was bleibt sind ein buntes sammelsurium an konservendosen mit fantasievollen bezeichnungen wie: „creamy style corn“, „sweet & tangy cucumbers“, „baket beans tomato flavour“, „hot & spicy chakalaka“. wir merken aber bald einmal, dass uns dieser kulinarische abstieg ganz und gar nicht glücklich macht.

wie in den lasagne-video’s zu erkennen ist, hat sich unser potjie, auch bush baby genannt, zu einem unabdingbaren gegenstand gemausert. dieser gusseiserne topf ist zum kochen auf dem feuer gold wert. er ist vielseitig einsetzbar und verzeiht einem die eine oder andere kochpanne. durch unseren erfindergeist entstehen nach und nach köstliche eigenkreationen wie die hoanib-pizza, die omaruru-chickenwings und die bereits genannte ugab-lasagne. die namensgebung orientiert sich jeweils am ort der entstehung. was wir noch erwähnen müssen: nach dem verspeisen der legendären ugab-lasagne konnten wir beide eine nacht lang unmöglich auf dem bauch liegen.

stefan macht sich jetzt bereits schon gedanken, wie er unseren speiseplan mit pommes frites und niedergegartem fleisch ergänzen könnte. weitere videos folgen wohl.

Stefan Kumli / Christine Sommer
Seltene Szenerie: Sossusvlei und Regenwolken

in der sossusvlei, einer der grössten touristenattraktion namibias, wird die tiefsandpassage auf den letzten kilometern vor der hauptdüne einem fahrzeug zum verhängnis. etwas scheint nicht zu stimmen. denn der fahrer, der einzige mann der truppe, kniet neben dem fahrzeug und buddelt im sand und die sechs girlies stampfen in gebeugter haltung richtung baum, der etwas schatten spendet. beruhigende worte und unsere zwei sandbleche sind gefragt, um den isuzu aus dem sand zu hieven (ist halt kein hyundai). auch als manpower angesagt ist, sind die herumsitzenden nicht wirklich eine grosse hilfe. in sandalen und fippflopps lässt sich’s einfach nicht gut schieben.

am fuss der dünen landen wir definitiv wieder auf dem boden der realität. unverfroren und taktlos trampeln zwei holländer touristen direkt in unser lang erwartetes und im perfekten morgenlicht erstrahltes fotomotiv. aber einen tag später, nach einer stunde marsch durch knöcheltiefen sand, finden wir letztendlich unsere private sanddüne. wir nennen sie kurzerhand „curly-dune“.

eigentlich vermuteten wir bereits, dass mit unserem autoradio oder zumindest mit der antenne etwas nicht zu stimmen scheint. seit wir opuvo im norden des landes verlassen hatten, konnten wir keine spur eines senders mehr empfangen. nach wochenlanger radiofreier zeit erschrecken wir beinahe, als aus heiterem himmel feinstes deutsches radio aus dem lautsprecher ertönt. als wir den messum-krater durchqueren und uns der küste nähern, wird der empfang immer deutlicher. nun düsen wir mit „hit radio namibia“, einem verschnitt von radio regenbogen und schlagerparade, über die monotone skeleton coast-landschaft dem cape cross entgegen. zum takt von helene fischer (kennsch markus?) schunkeln abertausende von robben in den kühlen wellen des atlantiks hin und her.

nun haben wir unseren persönlichen traum von transafrika geschafft. wir schauen uns an und sind uns einig: „alles weitere ist zugabe“.

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